Binnenschiff mit STCW-Patent führen

STCW-Patent statt Unionspatent?

Immer wieder werde ich mit der Frage konfrontiert, ob man mit einem nautischen Patent der Seeschifffahrt auch in der Binnenschifffahrt tätig sein bzw. ein Binnenschiff als Schiffsführer führen darf. Insbesondere für das Führen von Binnenschiffen auf Wasserstraßen der Zone 1 und 2 nach Binnenschiffsuntersuchungsordnung (BinSchUO) wird diese Frage gestellt, denn bei diesen Wasserstraßen handelt es sich um Binnenwasserstraßen auf denen die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO) gilt und somit auch Seeschiffe fahren.

Die Antwort lautet: Ja, bis 17. Januar 2038 (Stand heute)

Hier möchte ich einmal kurz die frühere Situation nach der alten Binnenschifferpatentverordnung (BinSchPatentV) und der neuen Binnenschiffspersonalverordnung (BinSchPersV) darstellen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

Situation nach BinSchPatentV:

Bis 17.01.2022 galt die BinSchPatentV und hier wurde geregelt:

auf den Wasserstraßen der Zonen 1 und 2 "wird ein Binnenschifferpatent ersetzt durch" ein Befähigungszeugnis als nautischer Offizier oder Seesteuermann berechtigt jedoch nicht zum Führen eines Fahrgastschiffes, das zur Beförderung von mehr als zwölf Personen zugelassen ist;


Außerdem konnten sich diese "Seefahrer" mit nautischer Qualifikation ein Binnenschifferpatent A ausstellen lassen, welches auf Wasserstraßen der Zone 1+2 beschränkt wurde. Alternativ konnten sie ein Binnenschifferpatent A anstreben und der Prüfungsteil für die Seeschiffahrtsstraße, die Navigation und weitere Prüfungsteile entfielen in der Prüfung.
Wie schon gesagt, das galt alles bis 17.01.2022 - also vorbei!

Situation nach BinSchPersV

Seit der Einführung der Binnenschiffspersonalverordnung im Januar 2022 ist die Situation eine andere, denn es gibt jetzt eine Übergangsregelung aber keine Anerkennung mehr.

In § 127 BinSchPersV ist festgeschrieben, dass bis zum 17. Januar 2038 auf den Wasserstraßen der Zonen 1 und 2 auch ein nautisches Befähigungszeugnis als Kapitän, das im Einklang mit den Bestimmungen des STCW-Übereinkommens erteilt wurde als Befähigung zum Führen eines Binnenschiffes ausreicht. 

Dies gilt auch für das Führen eines Fahrzeugs unter Verwendung des Radars bei vorhandenem ARPA-Schein/Radarausbildung. Grundsätzlich erfüllen alle Seeleute, die ein deutsches nautisches Befähigungszeugnis ohne Einschränkung hinsichtlich ARPA haben, auch die Standards der ARPA-Basisausbildung.
Übrigens biete ich Lehrgänge zur besonderen Berechtigung Radar an, dem "Radarpatent" der Binnenschifffahrt: https://nilsfinn.de/radarpatent-lauenburg/


 

Unionspatent erwerben

Wenn der "Seemann" mit seinem nautischen Befähigungszeugnis als Kapitän, das im Einklang mit den Bestimmungen des STCW-Übereinkommens erteilt wurde, jetzt ein Unionspatent erwerben möchte liegt ein Stückchen Weg vor ihm.

maritime Wasserstraßen

Das liegt darin begründet, dass man das Unionspatent jetzt nicht mehr nur mit der Beschränkung für die Zone 1 und 2 bekommen kann. Das Unionspatent als grundlegendes Schiffsführerzeugnis der gewerblichen Binnenschifffahrt in Europa gilt nämlich zunächst für die Zone 3 und 4, also für Binnenwasserstraßen (ohne Seeschifffahrtsstraßen).

Die Binnenwasserstraßen auf denen die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt heißen jetzt maritime Wasserstraßen und erfordern zusätzlich zum Unionspatent die besondere Berechtigung für maritime Wasserstraßen (§ 43 BinSchPersV). Diese Berechtigung wird mit dem Buchstaben "M" ins Unionspatent eingetragen.

Der Weg des "Seemanns" in die Binnenschifffahrt

Zunächst muss ein Schifferdienstbuch beantragt werden, den Weg dahin habe ich im Juni in einem Beitrag ausführlich beschrieben: https://nils-finn-lehrgaenge.blogspot.com/2023/07/Arbeiten.html
Ohne Schifferdienstbuch geht nichts!

Dann muss ausreichend Fahrzeit gesammelt werden. Dabei gelten 250 Tage Fahrzeit auf einem Seeschiff (bitte BinSchPersV §31 beachten) wie 180 Tage auf einem Binnenschiff. Außerdem müssen zwingend 180 Tage Fahrzeit in der Binnenschifffahrt mit Eintrag im Schifferdienstbuch nachgewiesen werden. Insgesamt werden für die Zulassung zur Prüfung Unionspatent 540 Tage Fahrzeitbenötigt.

Und dann ist da noch die Verwaltungsprüfung für Matrosen und Steuerleute, sie sogenannte "Matrosenprüfung". Diese Prüfung muss zwingend bei der IHK in Magdeburg oder Duisburg abgelegt werden. Vorbereitungslehrgänge biete ich in Hamburg oder als LIVE-Onlinekurs an: https://nilsfinn.de/matrosenpruefung/

Vom Seemann zum Binnenschiffskapitän, Zusammenfassung

  • Bis 17. Januar 2038 einfach weiterfahren (Stand heute)

und/oder

  • Schifferdienstbuch besorgen
  • Fahrzeit eintragen und Nachweise der Seeschifffahrt bereitlegen
  • Matrosenprüfung machen
  • zur Prüfung Unionspatent bei der GDWS anmelden

Lehrgänge zur Prüfungsvorbereitung Unionspatent biete ich in Hamburg an: https://nilsfinn.de/unionspatent-hamburg/

Willkommen in der Binnenschifffahrt!

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